Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung und zählt zu den Psychosen. Dies bedeutet, dass die Betroffenen einen Verlust der Beziehung zur Realität erleiden. Im fluiden Stadium ist die Fähigkeit, Umweltreize wahrzunehmen, zu verarbeiten und auf sie zu reagieren in solch einem Maße gestört und verzerrt, dass selbst ein Mindestmaß an Rollenanpassung nicht geleistet werden kann. Schizophrenie ist daher die psychische Krankheit, die am ehesten mit dem Wort ?Wahnsinn? in Verbindung gebracht wird. Die Krankheit betrifft ca. 1% der Weltbevölkerung und tritt weltweit gleich häufig auf und betrifft alle Schichten. Die meisten Ersterkrankungen fallen in das Lebensalter zwischen 15 und 30. Frauen erkranken im Durchschnitt später (zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr) als Männer (zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr).
Die Erkrankung wird schon früh beschrieben: der römische Arzt Galen (um 200) bezeichnet sie als ?dementia? und führte sie auf allzu große Feuchtigkeit des Gehirns zurück. Kraeplin (um 1900) beschrieb einen Zustand des Rückzugs und der Labilität als ?dementia praecox?. Eugen Bleiler schließlich prägte den Begriff ?Schizophrenie? (Geistesspaltung) für einen Zustand, in dem a) Denkprozesse zerfallen b) Gedanken und Gefühle gespaltet werden c) ein Rückzug aus der Realität stattfindet.
Wer kriegt Schizophrenie?
Obgleich die Erkrankung schon lange bekannt ist, sind die Auslöser immer noch nicht erforscht. Man spricht heute von einer Vulnerabilität, das heißt, dass es Faktoren gibt, die den Ausbruch einer Schizophrenie begünstigen, jedoch nicht zwangsläufig zur Krankheit führen müssen.
Faktoren, die S. begünstigen
-Verwandte mit Schizophrenie (je enger, desto wahrscheinlicher, z.B. Eltern, Zwillingsgeschwister)
-Anomalien im Hirnstoffwechsel (angeboren, z.B. Dopamin)
-Gendefekte auf bestimmten Chromosomen
-Abnorme Gehirnstruktur (vergrößerte Ventrikel)
-Virusinfektion als Fötus, Hirnschäden, Frühgeburt
-Gravierende Vernachlässigung im frühkindlichen Alter
-Ich - Entwicklungsdefizit
-Labelling Effekt (schizophrene Patienten benehmen sich rollenadäquat)
-Stress
-Cannabisabusus
Widerlegte Faktoren:
-Schizophrenogene Mutter
-Double ? bind ? Hypothese (widersprüchliche Botschaften in der Familie)
Schizophrenie kann im Prinzip jeden betreffen, niemand ist davor gefeit und es ist niemand selbst schuld, wenn er an dieser Krankheit leidet. Heute geht man davon aus, dass eine Schizophrenie stets mehrere Ursachen hat: Bestimmte Belastungssituationen können im Zusammenwirken mit anderen ungünstigen Faktoren bei Menschen mit einer angeborenen ?Anfälligkeit? für psychische Erkrankungen zum Ausbruch einer schizophrenen Psychose führen.
Welche Formen der Schizophrenie unterscheidet man?
Oftmals wird die Schizophrenie mit der multiplen Persönlichkeitsstörung verwechselt. Dabei handelt es sich jedoch um eine andere Erkrankung. Schizophrenie hat viele Gesichter, im Groben unterscheidet man vier verschiedene Formen, darüber hinaus existieren eine Reihe von Mischformen.
Paranoid ? halluzinatorische Schizophrenie ist die häufigste Form der Schizophrenie. Wesentliches Merkmal sind Wahnvorstellungen (z.B. Verfolgungswahn, Beziehungswahn, Größenwahn) und Halluzinationen. Bei Beziehungswahn bekommen Gegenstände, Gesten eine Bedeutung zugeschrieben, die nicht da ist. Radiomeldungen können z.B. auf sich bezogen werden. Akustische Halluzinationen (. imperative oder kommentierende Stimmen) kommen zu 80% vor. Im Vordergrund steht die Positivsymptomatik Gute Prognose
Katatone Schizophrenie ist durch psychomotorische Störungen gekennzeichnet. Dazu zählen Haltungsstereoptypen, Stupor (Starre), Raptus (Bewegungssturm), Nahrungsmittelverweigerung, Mutismus, Rigidität. Bei der Katatonie treten oft auch Halluzinationen auf.
Hebephrene Schizophrenie ist eine im Jugendalter beginnende Form der Schizophrenie. Affektive Veränderungen, Antriebsstörungen und Störungen des Denkens sind charakteristisch. Die Betroffenen werden häufig als verflacht und emotional verarmt beschrieben. Symptome sind u.a. Verwirrung, Zerfahrenheit, flacher und inadäuater Affekt. Bruchstücke eines Wahns können vorhanden sein, jedoch ist das Denken so desorganisiert, dass sich ein systematisierter Wahn nicht entwickeln kann. Formale denkstörungen behindern die Kommunikation, die patientzen sind isoliert. Oft ist ein Entwicklungsknick zu verzeichnen, wie z.B. Leistungsabfall in Schule, Ausbildung, Arbeit, sozialer Rückzug, Antriebslosigkeit. Eher schlechte Prognose.
Schizophrenia simplex ist eine im Erwachsenenalter langsam und schleichend einsetzende Form der S. Die aufallenden positiven Symptome fehlen. Die Erkrankten werden von ihrer Umwelt als ?seltsam? oder ?verschroben? empfunden und ziehen sich mehr und mehr zurück (negative Symptomatik). Die Krankheit schreitet langsam fort und kann kaum beeinflusst werden.
Schizophrenes Residuum bezeichnet eine Schizophrenie, wo die Floriden Symptome nachlassen, aber weiterbestehen. Diese Patienten zeigen dennoch häufig flache oder unangemessene Emotionen, sozialen Rückzug, unlogisches Denken usw.
Welche Symptome kann eine die Schizophrenie haben?
Welche Symtome sich im Verlauf der Erkrankung zeigen, hängt u.a. von der Art der Schizophrenie ab. Man unterscheidet die positiven Symptome, die sog. produzierende Symptomatik, wo etwas zum normalen Verhalten dazu kommt (z.B. Wahnideen) und die Negativsymptome, die sog. negative Symptomatik, bei der normale Verhaltensweisen weg fallen (z.B. Mutismus, emotionale Verflachung). Insgesamt sind Schizophrenien mit positiver Symptomatik besser behandelbar als solche mit Negativsymptomen. Heute unterscheidet man diesbezüglich die Typ ?1- Schizophrenie, bei der positive Symptome überwiegen von der Typ ?II ? Schizophrenie, die durch negative Symptome gekennzeichnet ist.
-Halluzinationen (auditorisch, visuell, haptisch, sensorisch). Die Patienten hören z.B. Stimmen, die ihnen drohen, befehlen, die kommentieren. Andere berichten von Schlangen, die in ihrem Körper kriechen oder sehen Szenen, die nicht vorhanden sind. Die Kranken halten dies für real und können in diesem Zustand gefährlich für andere werden.
-Desorganisiertes Denken und Sprechen, wie z.B. Neologismen (Wortneuschöpfungen), Reime, Alliterationen, Wiederholung von Sätzen und Wörtern, unzusammenhängende Erzählungen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Kranke seine Sprache für normal und logisch hält.
-Inadäquater Affekt heißt, dass der Betroffene Emotionen zeigt, die nicht zur Situation passen.
-Spracharmut, es wird wenig gesprochen, kurze Sätze und langsames Sprechtempo, bis hin zum Mutismus. Manche Patienten sprechen jedoch auch viel, teilen aber nichts sinnvolles mit.
-Flacher Affekt: der Betroffene drückt wenig bis gar keine Emotionen aus. Oft kommt ein starrer Gesichtsausdruck und eine monotone Sprache hinzu. Blickkontakt wird vermieden.
-Störung des Willens, fehlendes Vermögen Ziele zu verfolgen, Entscheidungen zu treffen, Aktivitäten zu beginnen und zu beenden.
-Sozialer Rückzug
-Manirismen, Grimassen, Gesten
-Stupor (Starre)
-Rigidität: starre aufrechte Haltung wird stundenlang beibehalten
-Haltungsstereotypen (starre, bizarre Haltungen, wo die Betroffenen nicht ermüden und sich nicht bewegen lassen)
-Wächserne Biegsamkeit: man kann den Patienten in beliebige Haltung biegen
-Raptus: Bewegungssturm
Wie kann Schizophrenie behandelt werden?
Schizophrenie gilt als nicht heilbar, jedoch als behandelbar. Früher praktizierte ?Therapien? wie Insulinschock, Elektroschock oder Operationen am Frontallappen des Gehirns der Patienten erwiesen sich als schädlich. Zwischenzeitlich werden die Patienten auch nicht mehr sterilisiert, wie es früher in Europa üblich war und werden auch nicht mehr als ?lebensunwert? totgespritzt.
Heute gibt es eine Reihe Möglichkeiten, Menschen mit Schizophrenie zu helfen.
Am wichtigsten sind die antipsychotischen Medikamente, die sog. Neuroleptika. Vor Entdeckung dieser Medikamente wurden die Betroffenen lediglich versorgt und vor sich selbst geschützt. Diese Neuroleptika wirken auf den Gehirnstoffwechsel (Neurotransmitter) und führen dazu, dass sich die Wahnideen und Trugbilder bessern. Sie wirken also vor allem gegen die Plussymptomatik, wirken aber auch den sogenannten Minus-Symptomatiken wie Antriebslosigkeit, Affektverflachung oder Depressivität entgegen. Oft mildern oder beseitigen sie die Akut-Symptomatik recht schnell. Neuroleptika führen nicht zu einer Gewöhnung oder Abhängigkeit. Ältere Neuroleptika wirken vornehmlich auf den Dopaminstoffwechsel (= typische Neuroleptika). Da Dopamin wesentliche Funktionen bei der Bewegungssteuerung hat, treten in diesem Bereich teilweise gravierende Nebenwirkungen auf: Dyskinesien (Bewegungsstörungen) an den Extremitäten, im Gesicht (Zuckungen, Zungenkrämpfe). Außerdem können parkinsoähnliche Symptome auftreten, wie Tremor oder roboterhaftes gehen. Andere Patienten zeigen Bewegungsunruhe. Besonders problematisch sind hierbei die sog. Spätdyskinesien, die erst nach längerer Zeit der Einnahme auftreten, nach Absetzen der Medikation teilweise jedoch bestehen bleiben. Die sog. atypischen Neuroleptika haben bei vergleichbarer antipsychotischer Wirkung keine oder bedeutend weniger extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen. Bei diesen Medikamenten treten dann andere Nebenwirkungen wie z.B. die Gewichtszunahme in den Vordergrund. Zusätzlich werden auch Antidepressive und Tranquilizer verschrieben.
Wichtige Neuroleptika sind u.a.: Haldoperidol (Haldol), Clozapin (Leponex), Risperidon (Risperdal), Olanzapin (Zyprexa) und Promethazin (Atosil)
Weitere Bausteine können Token ? Verfahren, Einsichts-, Familien-, Verhaltens-, Soziotherapie, heilpäd. Reiten, Kunst-, Arbeits- und Ergotherapie, wie auch Sportangebote sein. Wichtig ist auch, die Patienten aktiv in das Leben im Krankenhaus einzubeziehen, wie etwa bei Versammlungen. In den modernen Psychiatrien werden darüber hinaus gezielt Alltageskompetenzen ausgebaut, um den Patienten die Rückkehr in ein unabhängiges leben ermöglichen zu können. Zudem wirkte eine Tagesstruktur psychisch stabilisierend. Eine wichtige Rolle nimmt außerdem die Psychoedukation ein.
Heute versucht man wenn möglich lange Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und strebt an die Patienten in ihrem gwöhnlichem Umfeld zu belassen. Hier für stehen, je nach Region, verschiedene Hilfsangebote zur Verfügung, wie etwa Tagesheime und Tageskliniken, betreutes wohnen (Wohnheim, Wohngemeinschaft und Einzelwohnen), Nachbarschaftshilfe, Selbsthilfe- und Angehörigengruppe, psychiatrische Pflege im Haus, Werkstätten, Treffs.
Wie ist die Prognose?
Eine konsequente, frühzeitige Therapie hat die Prognose der Erkrankung verbessert. Bei etwa einem Drittel der Patienten bildet sich die Erkrankung komplett zurück, bei einem weiteren Drittel kommt es zu Residualsymptomen und zu erneuten akuten Schüben. Bei einem Drittel kommt es zu schweren chronischen Verläufen, bei denen psychosoziale Einschränkungen zurückbleiben und die Betroffenen dauerhaft betreut werden müssen.
Ist Schizophrenie gefährlich?
Schizophrenie ist gefährlich, und zwar für den Patienten selbst, denn ca.15% begehen Suizid. Für die Allgemeinheit sind Menschen mit Schizophrenie in der Regel nicht gefährlich. Ausnahme stellen Menschen im akuten psychotischen Schub da, die sich bedroht fühlen. Die meisten Patienten sind jedoch eher ängstlich und zurückhaltend.